Am Donnerstag (22. Juni 2017) kam ich also mit dem Zug in Casablanca an. Dieses Mal musste ich notgedrungen mit der einzigen Jugendherberge der Stadt vorlieb nehmen, denn das Ende des Fastenmonats Ramadan rückte näher und so verblieben die Meisten lieber im privaten Kreis der Familie und einen Couchsurfing-Host zu finden ist dann fast unmöglich.
Das Fasten, also nichts essen und trinken zwischen 3 Uhr morgens und 8 Uhr abends, hab ich auch mal zwei Tage probiert. War nicht so ganz meins. Ich habe aber aus Respekt zumindest immer darauf verzichtet, in der Öffentlichkeit zu trinken und zu essen. Was noch dazu kam, waren die veränderten Öffnungszeiten. An meinem zweiten Abend in Casablanca bin ich ab 8 Uhr abends an der Hafenfront entlanggelaufen, um irgendwo was zu Essen zu finden. Doch Alles hatte geschlossen – das Fasten wird nämlich in der Regel zuhause im privaten Rahmen gebrochen. So strandete ich nach einer Stunde in Rick’s Café Americain.
Rick’s Café? In Casablanca? Klingelt da nicht was? Oh ja, da gibts doch diesen alten Film mit Humphrey Bogert und Ingrid Bergmann ; -) Der Filmklassiker „Casablanca“ von 1942 wurde zwar in den USA gedreht, doch beeinflusste er die ehemalige US-Diplomatin Kathy Kriger bei einem ungewöhnlichen Schritt. Aus Protest gegen die US-amerikanische Intervention im Irak und in Afghanistan, quittierte sie den Dienst und eröffnete 2004 dieses Restaurant ganz im Stil des 40er-Jahre-Flairs von Casablanca im Film. Sie wollte damit der Welt ein anderes Gesicht der USA zeigen und gleichsam eine Brücke zwischen westlicher und islamischer Welt schaffen. So wurde ein Stück fiktionaler Filmkultur in die reale Stadtkultur Casablancas integriert. Und das Ergebnis kann sich durchaus sehen lassen. Tolle Atmosphäre mit Live-Musik und gutem Essen. Den Film „Casablanca“ hab ich mir dann natürlich an dem Abend auch noch angeschaut ^^
Ansonsten ist Casablanca eine typische Großstadt, wo es eigentlich nicht so viel Außergewöhnliches zu sehen gibt. Die alte Medina ist jedoch einen Besuch wert. Hier kann man sich entweder einen zertifizierten Guide suchen, was selbstverständlich etwas teurer ist, oder man kann sich nach einem inoffiziellen Guide umschauen. Die sind in der Regel recht leicht zu finden. Ich entschied mich für letzteres.
Gleich beim ersten Stand am Tor wurde ich von einem jungen Kerl angesprochen, der Sonnenbrillen verkaufte. Ich schaute mir brav seine Sonnenbrillen an, sagte ihm aber, dass ich schon eine Sonnenbrille habe und eher auf der Suche nach einem Guide für eine Tour durch die alte Medina bin. Und tadaah auf einmal war der Sonnenbrillenverkäufer ein Tourguide ^^ als er dann sogleich losmarschieren wollte, fragte ich ihn erst einmal nach dem Preis – ganz wichtig: immer vorab den Preis verhandeln!
„Is no problem!“ sagte der frischgebackene Tourguide nur und ging weiter. Als ich nicht weiterging, sagte er „Five-Fourty, ok? No problem!“ und drehte sich wieder um. „Fourty-Five Dirham?“ , fragte ich. Da schaute er mich nur etwas verdattert an und meinte: „540 Dirham!“. Ich musste mich etwas zusammenreißen, um nicht loszulachen. 540 Dirham wären rund 54 Euro. Ein zertifizierter, professioneller Guide würde nicht mal die Hälfte davon kosten und schon gar nicht ein inoffizieller Tourguide/Sonnenbrillenverkäufer. „No way! Fifty!“ sagte ich. Er erklärte mir daraufhin, ich würde nirgendwo eine Tour für 50 Dirham (5 Euro) finden, woraufhin ich mich höflich bedankte und mich zum Gehen wandte. Doch auf einmal schienen die 50 Dirham kein Problem mehr darzustellen ; -) Er zeigte mir die alte Medina, wobei seine Erläuterungen zwar nicht ausschweifend waren, aber doch interessant und informativ, und so zahlte ich ihm am Ende der Tour 60 Dirham und er zog grinsend von dannen.
Eine wirkliche Sehenswürdigkeit gibt es in Casablanca dann aber doch. Die Moschee Hassan II., die dem Vater und Vorgänger des amtierenden Königs gewidmet wurde, ist eine der größten der Welt und darf als eine von zwei Moscheen weltweit, von Nicht-Muslimen betreten werden. Das riesige Bauwerk ist hochmodern und sehr beeindruckend. Auf Stahlsäulen stehend ragt es in den atlantischen Ozean hinein. Das Minarett ist über 200 Meter hoch und nachts zeigt ein grüner Laserstrahl in Richtung Mekka. Eine Besichtigung des Inneren sollte man sich weder als Muslim noch als Nicht-Muslim entgehen lassen.
Am letzten Abend des Ramadan-Fastenmonats durfte ich dann noch am traditionellen Fastenbrechen teilnehmen. Die Besitzer des Hostels luden die beiden anderen Gäste und mich ein, ihnen beim Abendessen Gesellschaft zu leisten. So trug jeder was zum Essen bei und gemeinsam tranken wir Tee und unterhielten uns ganz offen. Es war ein wundervoller Abend. Doch wirklich vermissen werde ich Casablanca wohl nicht. Mal sehen, ob das in Fes anders sein wird…
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