Fremderfahrung

Fremdheit

Zunächst einmal muss geklärt werden, was der Begriff „Fremdheit“ überhaupt bedeutet. Wie Strohmeyer ausführt, ist Fremdheit „keine objektive Eigenschaft, sondern die Definition einer Beziehung, das Ergebnis der Unterscheidung des Eigenen vom Anderen. Sie kann daher für sich alleine genommen nicht definiert, sondern muss relational gedacht werden“ (STROHMEYER 2007, S.8). Das Eigene kann demnach ohne das Fremde nicht existieren und umgekehrt.

Die Wahrnehmung und der Umgang mit Fremdheit gestaltet sich dabei individuell unterschiedlich. Der Mensch changiert zwischen zwei Extremen: der Xenophobie (Angst vor jeglicher Fremdheit) und dem Exotismus (Attraktivität von jeglicher Fremdheit). In beiden Fällen kommt es zur Verklärung der Wirklichkeit, wobei jedoch Ersteres wohl häufiger zu beobachten ist.

Das zeigt sich auch an den Modellen von Bennett und Hoopes/Kiel, die die Entwicklung der interkulturellen Sensibilität und damit die Entwicklungsstadien von Fremdwahrnehmung eines Menschen dazustellen versuchen.

 

Stereotype

Sobald man auf einen fremden Menschen bzw. eine fremde Kultur trifft, versucht man die dargebotenen Charakteristika vermeintlich bekannten Gruppen und Kategorien zuzuordnen. Das ist natürlich, denn nur so kann das Gehirn überhaupt die riesige Informationsflut bewältigen. Allerdings werden so auch bestimmte Charakteristika grundsätzlich mit bestimmten Gruppen verbunden. 

Sieht man beispielsweise täglich japanische Touristen auf dem Marienplatz in München wie sie sich mit dem Peace-Zeichen fotografieren lassen, kommt es schnell zu einer Verallgemeinerung, dass jeder Japaner und jede Japanerin sich immer so ablichten lässt. Dieses Bild haben im Moment auch sicherlich viele vor Augen. Das Problem dabei ist jedoch, dass es aufgrund unserer selektiven Wahrnehmung zu sogenannten selffullfilling prophecies kommt. Wir nehmen nur noch diesen Stereotyp wahr und blenden alles Andere aus. Wir sehen nicht, dass JapanerInnen sich auch anders fotografieren lassen oder gar dass es überhaupt keine JapanerInnen sind, sondern beispielsweise Menschen aus China. 

Solche grundsätzlichen Verallgemeinerungen nennt man Stereotype. Wenn sie zusätzlich noch mit Emotionen aufgeladen werden spricht man von Vorurteilen: „Alle Italiener essen täglich Nudeln“ vs. „Italiener sind Spaghetti-Fresser“. 

Notwendig sind mehr oder weniger neutrale Verallgemeinerungen beim Kontakt mit Fremdheit auf jeden Fall. Doch sollte man sich bewusst machen, dass es keine Grundsätzlichkeit gibt. Es ist zu fragen, welches Verhaltensmuster bzw. welche Einstellung ist beim Kontakt mit einer anderen Kultur am wahrscheinlichsten und diese Annahmen müssen schließlich im Idealfall jedes Mal einzeln überprüft werden. Dass das utopisch ist, ist keine Frage. Dennoch hilft schon eine gewisse Sensibilisierung für das Thema, um sich sicherer zwischen und durch verschiedene Kulturen hindurch bewegen zu können.