Kultur, Interkulturalität, Transkulturalität – Was ist das?

 
Kultur

Sprachlich hat dieser Begriff seine Wurzeln im lateinischen Verb colere, dessen Partizip (cultum) bereits eindeutig auf die Verbindung hinweist. Übersetzt heißt es soviel wie „pflegen“ oder „bewirtschaften“. Heute spricht man in diesem Zusammenhang von den „Gepflogenheiten“, dem „Kulturbeutel“ oder im Englischen von „agriculture“

Doch was genau bedeutet Kultur für uns heute? Terry Eagleton bezeichnet in seinem Werk „Kultur“ als einen der wohl komplexesten Begriffe unserer Zeit. Eine genaue Definition kann es nicht geben. Denn um wirklich nützlich zu sein, wird der Begriff stets entweder zu weit oder zu eng gefasst. Grob definieren kann man Kultur jedoch „als jenen Komplex von Werten, Sitten und Gebräuchen, Überzeugungen und Praktiken, die die Lebensweise einer bestimmten Gruppe ausmachen“ (Eagleton 2001, S. 51)

 

Interkulturalität

Oft dient „interkulturell“ als eine Art Oberbegriff für alle Formen kultureller Begegnung. Fasst man ihn hingegen enger ist damit eine besondere Form der Interaktion zwischen zwei oder mehreren klar voneinander abgegrenzten Kulturen gemeint. Dabei legen die Beteiligten bei der Kommunikation spontan neue, situativ entstehende Regeln fest, die nicht mehr ihrer eigenen Kultur entsprechen müssen. Man spricht in diesem Zusammenhang von „Zwischenkultur“ oder eben „Interkultur“. Wenn beispielsweise zwei Personen aufeinandertreffen, von denen die eine bei Begrüßungen überwiegend das Händeschütteln praktiziert, die andere dies jedoch überhaupt nicht tut, kann man nicht vorhersagen, wie die Situation und die entstehende Interkultur sich letztendlich gestalten werden: Händeschütteln? Kein Händeschütteln? Völlig andere Begrüßungsform? Man weiß es nicht. (Bolten 2007)

 

Transkulturalität

Im Gegensatz zur Interkulturalität geht die Transkulturalität nicht von in sich mehr oder weniger homogenen, klar abgrenzbaren Kulturen aus. Ihr bekanntester Vertreter, der Philosoph Wolfgang Welsch betont demgegenüber die starke Vernetzung heutiger Kulturen, die sich nicht mehr an den Grenzen der sogenannten Nationalkulturen orientieren. Es kommt zur Vermischung und Kombination unterschiedlicher kultureller Elemente. Dies „zeigt sich nicht bloß, wie allzu billig unentwegt wiederholt wird, in Bezug auf Coca-Cola, McDonald‘s oder CNN, sondern sie betrifft sämtliche Dimensionen der Kultur, sie durchzieht Popkultur und Hochkultur gleichermaßen“ (Welsch 1998, S. 52). 

In der Beschreibung eines „solid American“ von Ralph Linton (1893-1953) wird diese transkulturelle Wirklichkeit anschaulich und sehr humorvoll dargestellt:

„On his way to breakfast he stops to buy the paper, paying for it with coins, an ancient Lydian invention. At the restaurant a whole new series of borrowed elements confronts him. His plate is made of a form of pottery invented in China. His knife is of steel, an alloy first made in Southern India, his fork a medieval invention , and his spoon a derivate of a Roman original. He begins his breakfast with an orange, from the Eastern Mediterranean or perhaps a piece of African water melon. With this he has coffee, an Abyssinian plant, with cream and sugar. Both, the domestication of cows and the idea of milking them, originated in the Middle East, while sugar was first made in India. While smoking he reads the news of the day, imprinted in characters invented by the ancient Semites upon a material invented in China by a process invented in Germany. As he absorbes the account of foreign troubles he will, if he is a good conservative citizen, thank a Hebrew deity in an Indo-European languague that he is 100 per cent American.“

Das transkulturelle Denken bezieht sich also auf die individuelle Lebenswirklichkeit von Menschen, die von verschiedensten kulturellen Einflüssen geprägt wurden und tagtäglich mit ihnen – meist unbewusst – in Kontakt kommen. Es stellt im Grunde auch ein schlagendes Argument gegen die Angst vor Überfremdung dar, denn irgendwann einmal war Alles fremd.

Ein Kritikpunkt aber bleibt. So gut das Konzept der Transkulturalität auch die individuelle Lebenswirklichkeit beschreibt, so schwierig ist es bei der Arbeit mit Kulturen umzusetzen, in welcher Form auch immer. Interkulturelles Training beispielsweise kann fast ausschließlich unter der Prämisse von zumindest teilweise abgrenzbaren Kulturen gewinnbringend stattfinden. Unzählige Arten von Kultur miteinzubeziehen wäre unmöglich. 

Für diesen Reiseblog jedoch lässt sich der Schwerpunkt ohne Weiteres auf das transkulturelle Konzept legen. Hier geht es nämlich nicht um die praktische Anwendbarkeit verallgemeinernder Theorien, sondern einfach um die individuellen Erfahrungen des Autors und der Menschen, die ihm begegnen.